Politik in Zeiten der Pandemie...

In ihrer Kolumne „Politik in Zeiten der Pandemie“ kommentiert Kathrin Vogler Aspekte der weltweiten Virusepidemie und konstatiert: die Politik und jede*r von uns muss sich auf das Wesentliche konzentrieren und Verantwortung übernehmen.

 

Video: Die Corona-Warn-App: Einstieg in den Überwachungsstaat?

Kathrin Vogler kommentiert in ihrem Video die pros & cons der heute freigegebenen Corona-Warn-App: "Es ist also ähnlich wie bei den Masken: Diese App schützt nicht dich, sondern andere, die du vielleicht anstecken könntest, ohne es zu ahnen. Deine Daten bekommt nicht das RKI, der Gesundheitsminister oder Bill Gates. Sie werden nur auf den Handys der anderen gespeichert und nach 14 Tagen gelöscht. Nur, weil das so ist, habe ich mir heute die App installiert. Um andere Menschen zu schützen."

 

Kommentar: Bodo Ramelow und die Corona-Regeln

Kathrin Vogler kann die Intention des thüringischen Ministerpräsidenten verstehen, den Kommunen mehr Verantwortung für einen achtsamen Umgang mit der Corona-Infektionsgefahr zu übertragen. Aber sie warnt zugleich vor den Risiken, die ein 'Wettlauf der Bundesländer', wer am schnellsten welche Bereiche wieder öffnet, mit sich bringt. Ein Statement für Radio rst Emsdetten zum Nachhören:

 

25. Mai: Bundeswehr-Aufrüstung in Zeiten der Pandemie: Wo bleibt das organisierte Aufbegehren?

"Millionen Menschen in aller Welt erfahren, dass das stärkste Militär der Welt machtlos ist gegen ein winziges Stückchen Protein, ein Virus." Kathrin Vogler über die aktuelle Chance für abrüstungspolitische Initiativen. Vorabdruck eines Gastbeitrags in der aktuellen Ausgabe der ZivilCourage, dem Mitgliedermagazin der DFG-VK.

 

14. Mai: Gesundheit der Beschäftigten in der Fleischindustrie muss ohne Wenn und Aber geschützt werden

„Kreisweit leben 1700 Mitarbeiter*innen in Sammelunterkünften. Dass der Kreis erst nach zwei Monaten Infektionsgeschehen die örtlichen Begebenheiten in den Blick nimmt, ist unverantwortlich“, sagt Kathrin Vogler, Bundestagsabgeordnete DIE LINKE in einer Presseerklärung zu den Masseninfektionen in der Fleischindustrie, u.a. im Kreis Steinfurt.

 

11. Mai: Glaubenskrieger an der Virenfront

In ihrem Gastbeitrag für die Rubrik "Meinungsstark" des Online-Magazins "DIE FREIHEITSLIEBE" beschäftigt sich Kathrin Vogler mit den linken Handlungsoptionen in Zeiten der Corona-Krise: "Diese Fragen an Macht, Eigentum und Demokratie jetzt zu stellen, ist möglich. Dafür ist es notwendig, die solidarischen Kräfte zusammenzuschließen und gemeinsam zu handeln. Dafür brauchen wir keine quasi-religiösen Erzählungen, wie sie der Ober-Vegan-Influencer, der Reichsbürger-Barde und der Schnellsprech-Märchenerzähler an der Front der Glaubenskrieger verbreiten, sondern klare, rationale und schonungslose Analysen und eine Idee, die Hoffnung macht: Selbst gegen eine Naturkatastrophe waren wir gemeinsam nicht völlig machtlos. Warum sollten wir es gegen den menschengemachten Kapitalismus sein?" Den ganzen Text gibts hier.

 

16. April: NRW-Kommunalwahlen in der Krise

Bis zum 31. August sind weiterhin alle Großveranstaltungen untersagt. DIe Kirchen, Moscheen und Synagogen bleiben bis auf weiteres zu, die Gaststätten ebenfalls. Dennoch hält die Landesregierung an der Abhaltung von Kommunalwahlen am 13. September fest. Das ist aus mehreren Gründen politisch fragwürdig:

1. Es gibt aktuell keine Möglichkeit, Wahlversammlungen unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen abzuhalten, um Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen. Die Kneipen haben zu, städtische Räume werden nicht vergeben. Die Landesregierung behauptet, die Abhaltung von solchen Versammlungen sei weiterhin möglich. Ich sehe nicht, wie und wo das passieren soll.

2. Menschen aus Risikogruppen haben keine Chance, an solchen Wahlversammlungen teilzunehmen, ohne ihre Gesundheit zu gefährden. Das ist undemokratisch, weil es Menschen aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes die politische Teilhabe unmöglich macht.

3. Das Verbot politischer Veranstaltungen (und das Fehlen von entsprechenden Räumen) machen es unmöglich, mit Wählerinnen und Wählern ins Gespräch zu kommen und die eigenen Positionen vorzustellen.

4. Wenn alle Großveranstaltungen abgesagt werden, dann können mindestens bis Anfang September keine Wahlkampfaktionen, Kundgebungen oder Ähnliches durchgeführt werden. Das bedeutet einen erheblichen Vorteil für die Regierungsparteien, deren Personal regelmäßig in den großen Medien auftritt. Kleinere Parteien und kommunale Wählergruppen werden massiv benachteiligt.

Auch, wenn ich ja finde, dass die CDU hier schnellstens abgewählt gehört: Die einzig richtige Konsequenz, so weh es auch tut, ist die Verschiebung der Kommunalwahl auf einen Zeitpunkt, der die demokratische Teilhabe aller an den Kandidatenaufstellungen und einen ordentlichen (Straßen-)Wahlkampf ermöglicht.
 

Informationen zum Beschluss der Bundesregierung zu den Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der COVID19-Epidemie am 16. April 2020: Immer mehr Länder melden Fälle von Menschen, die an dem Coronavirus erkrankt sind. Das deutsche Gesundheitssystem ist vorbereitet.

 

13. April: Die  Leopoldina-Empfehlungen "für eine Rückkehr zur Normalität"?

Die Empfehlungen der Leopoldina sind zwiespältig. Ausdrücklich unterstütze ich die Forderungen nach einer besseren Datengrundlage durch mehr Tests und stichprobenartige Untersuchung des Immunstatus der Bevölkerung. Meines Wissens gibt es allerdings noch keinen hoch spezifischen validierten Test auf Antikörper gegen SARS-CoV2, das neue Coronavirus, das müsste jetzt mit Priorität verfolgt werden und die Leopoldina verweist auch zurecht auf fehlende Test- und Laborkapazitäten. Der Ausbau von Laborkapazitäten sollte m.E. nicht auf diese Situation beschränkt bleiben, sondern nachhaltig und in öffentlicher Hand erfolgen.

Eine Kontakt-App, die freiwillig, datensparsam und datensicher ist, kann wahrscheinlich dazu beitragen, die Infektionsketten zu unterbrechen und ist daher ein nützliches Instrument zur Eindämmung weiterer Infektionen. Ich unterstütze diese Idee, warne aber davor, das mit sachfremden Anliegen wie einer allgemeinen Sammlung personalisierter Gesundheitsdaten zu kombinieren. Das würde die Corona-App völlig diskreditieren und damit unwirksam machen.

Ein ebenfalls wichtiger Hinweis ist die Gefahr, dass anhaltendes Homeschooling die sozialen Unterschiede im Bildungswesen verstärkt, da ja nicht alle Eltern gleichermaßen in der Lage sind, Lehrer*innen zu ersetzen und es nicht in jedem Haushalt ausreichend Platz und Lernmittel, Computerzugang etc. gibt. Wenn eine Art Schichtunterricht dazu führen kann, dass die Kinder zumindest die Hälfte ihrer Unterrichtsstunden in der Schule bekommen, ist das schon mal ein produktiver Ansatz. Allerdings kann man auch nicht davon ausgehen, dass alle Schüler*innen in der Oberstufe gesicherten Zugang zum Internet und einen ruhigen Platz zum Lernen zuhause haben. Da fehlt mir eine Idee, wie das gehen soll. Ich finde, hier müssten die Schulen zumindest einer begrenzten Zahl von Schüler*innen eine ruhige und gut ausgestattete Lernumgebung zur Verfügung stellen können. Die Klassenräume sind ja vorhanden und wenn 20 Schüler*innen zuhause lernen, kann es ja wohl funktionieren, dass die fünf, die zuhause nicht lernen können, das Klassenzimmer mit hinreichend Abstand voneinander nutzen.

Die Nutzung von Masken ist sicher sinnvoll, aber wie soll das gewährleistet werden, wenn nicht die Produktionskapazität massiv erhöht wird? Sind die in vielen Haushalten neu entstandenen Schneiderwerkstätten wirklich genug, um die Versorgung sicherzustellen, wenn es momentan nicht einmal genug Gummilitze gibt, um die Masken zu produzieren? Wir brauchen eine industrielle Produktion in größerem Maßstab, nicht nur von medizinischen Masken, sondern auch von einfachem Mundschutz für die Bevölkerung, wenn wir nicht riskieren wollen, dass Masken mehrfach getragen werden müssen und damit das Infektionsrisiko eher erhöht wird.

Die Forderung, Homeoffice fortzusetzen, aber die Kindertagesstätten weiter nur im Notbetrieb aufrecht zu erhalten, bedeutet in der Konsequenz, dass viele Eltern nicht arbeiten können. Homeoffice mit Kindergartenkindern ist eine Zumutung, die man nicht noch deutlich länger aufrechterhalten kann. Also bräuchte es eine ausreichende Lohnersatzleistung für die betroffenen Eltern, damit sie sich in Ruhe zuhause um ihre Kinder kümmern können.

Die ökonomischen bzw. finanzpolitischen Vorschläge der Wissenschaftler sind überwiegend neben der Spur. Steuerentlastungen, etwa beim Solidaritätszuschlag, auch für die höchsten Einkommensgruppen, haben keinerlei positiven Effekt für diejenigen, denen gerade ihr Einkommen weg bricht und die ohnehin aufgrund niedriger Einkommen keinen Soli oder noch nicht einmal Einkommensteuer zahlen. Diese Vorschläge scheinen mir mehr ideologisch motiviert zu sein als wissenschaftlich fundiert und lösungsorientiert. Sie führen zu einer Umverteilung von unten nach oben, während wir eigentlich umgekehrt eine Beteiligung der Reichsten an den Krisenlasten brauchen.

Wir dürfen uns nichts vormachen: Die Verteilungsdebatten sind bereits in vollem Gange. Und es droht wieder einmal, dass die Reichen und Mächtigen ihre Interessen wirkungsvoller artikulieren und durchsetzen können, als diejenigen, die im Augenblick unser Land am Laufen halten. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass es harte Auseinandersetzungen darüber geben wird, wer am Ende die Kosten trägt. Im Augenblick sind es die arbeitenden Menschen, die kleinen Gewerbetreibenden und Freiberufler, die mit 60% Kurzarbeitergeld oder Hartz 4 abgespeist werden, während die Eigentümer von LIDL, ALDI und Amazon vor Lachen nicht in den Schlaf kommen. Das dürfen wir nicht vergessen.

 

21. März: Ausgangssperre? Keine gute Idee! 

Eine Woche nach Beginn der massivsten Einschränkungen des öffentlichen Lebens in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland soll nun morgen in einer Telefonschalte der Bundes- und Landesregierungen über eine flächendeckende Ausgangssperre beraten werden. Würde man mich fragen, würde ich davon abraten. 
Vorab sei gesagt, dass ich die Corona-Pandemie für eine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit halte und die bisherigen Maßnahmen wie die weitgehenden Versammlungs- und Veranstaltungsverbote, die Schließung von Kneipen, Restaurants, Cafés und Bars, Schulen und Kindergärten, die Besuchsverbote in Pflegeeinrichtungen und die Verlagerung von Millionen Jobs ins heimische Wohnzimmer für sinnvoll halte, um die schnelle Verbreitung des Virus einzudämmen und eine Überforderung des Gesundheitswesens zu verhindern. Auch die Aufforderung an die Menschen, zuhause zu bleiben, finde ich richtig und habe sie ebenfalls geteilt. Wer es aushalten kann, für den ist das eine perfekte Möglichkeit, sich selbst, seine Kontaktpersonen und vor allem besonders gefährdete Menschen vor einer Ansteckung zu schützen. 
Aber es gibt wichtige Argumente gegen weitergehende Beschränkungen der persönlichen Freiheit: soziale, gesundheitliche und menschenrechtliche. 

Fangen wir mit den Menschenrechten an. Beschränkungen der Freizügigkeit müssen verhältnismäßig sein. Es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass Menschen, die sich allein oder in der Familie draußen bewegen, einen erheblichen Beitrag zur Verbreitung von SARS-CoV2, dem neuen Coronavirus, leisten. Die bisherigen Hauptherde der Verbreitung waren stets Menschen, die sich bei Veranstaltungen in Innenräumen, wo viele Personen auf engstem Raum zusammenkommen, infiziert haben, ob in der Karnevalsfeier im Kreis Heinsberg oder beim Après Ski in Ischgl. Deswegen halte ich eine umfassende Ausgangsbeschränkung in der Freizeit, die Menschen etwa vom Spazierengehen oder Joggen abhält, nicht für angemessen. 
Nach den ersten Tagen lässt sich übrigens bereits beobachten, wie hier an einem Werktag um 16 Uhr in Emsdetten, dass sich die allermeisten Menschen verantwortungsbewusst und vernünftig verhalten. Sie alle für das Verhalten Weniger in Haftung zu nehmen, halte ich auch nicht für verhältnismäßig. 

Eine solche Beschränkung würde zudem die erhebliche soziale Ungleichheit in unserem Land verstärken. Während jemand, der in einer Villa mit Garten am Chiemsee lebt, sicher ein paar Wochen aushalten kann, ohne vom Grundstück zu gehen, braucht eine Hartz-IV-Empfängerin in einer Einzimmerwohnung im Münchener Hasenbergl die Möglichkeit, ihr tristes Appartement zu verlassen, nicht nur um einzukaufen, sondern einfach um frische Luft zu schnappen und etwas mehr als ihre vier Wände zu sehen. Wenn sie dann auch noch wegen „unerlaubtem Verlassen der Wohnung“ ein Bußgeld auferlegt bekäme, hätte das auch gesundheitliche Folgen. Die ohnehin prekäre Ernährung der ärmeren Schichten ist schon jetzt im Zuge der Coronakrise noch weiter beeinträchtigt, sowohl durch die Hamsterkäufe vor allem von billigen Lebensmitteln als auch durch die Schließung der Tafeln und Suppenküchen. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist bereits mit dem vollen Hartz-VI-Regelsatz nicht möglich, auch deswegen nutzen viele Menschen die Tafeln und ähnliche Angebote. All diese Angebote stehen nun nicht mehr zur Verfügung. 

Wenn nur noch Arbeiten und Einkaufen erlaubte Gründe sind, die Wohnung zu verlassen, werden die Menschen dann eben nur noch wenige Teile auf einmal besorgen und somit öfter als nötig in die Supermärkte gehen, wo die Ansteckungsgefahr deutlich höher ist als beim Gang „um den Block“. Mäßige Bewegung an der frischen Luft ist zudem, wie Studien belegt haben, ein wirksames Antidepressivum. Eingesperrt sein in der eigenen Wohnung erhöht die Gefahr von psychischen Erkrankungen. Wenig Bewegung verstärkt zum Beispiel Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und des Bewegungsapparats, aber auch Diabetes und andere chronische Erkrankungen. Wir erkaufen also eine scheinbare Sicherheit vor COVID 19 mit anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. 

In gewalttätigen Beziehungen und Familien ist die Möglichkeit rauszugehen, vielleicht die Freundin zu besuchen und dort auch zu übernachten, ein einfaches Mittel, um Aggressionen ins Leere laufen zu lassen. Gerade für Kinder, die ja auch gerade nicht zur Schule dürfen, hätte das Eingesperrtsein mit den Eltern auf engstem Raum schlimme Auswirkungen, die möglicherweise noch Folgen hat, wenn die Virus-Pandemie längst überwunden ist. Man stelle sich nur vor, zwei Erwachsene und zwei pubertierende Jugendliche, die 7 Tage in der Woche 24 Stunden lang auf engstem Raum aufeinander hocken. Wollen wir das den Menschen wirklich zumuten? 

Noch ein Gedanke zum Schluss: Die Verteidigungsministerin hat bereits angekündigt, dass sich die Bundeswehr an der „Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung“ beteiligen könnte. Dieses Ansinnen kann man nur schärfstens zurückweisen. Militär, Polizei und Ordnungsbehörden sind aus guten Gründen in Deutschland strengstens getrennt. Die Bundeswehr hat hier nicht nur keine Aufgabe, sie wird auch nicht benötigt. Stattdessen sollte die Bundesregierung lieber schleunigst ihre Aufrüstungspläne korrigieren und das Geld stattdessen in den Ausbau des Gesundheitswesens, in die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, des Rettungswesens und der zivilen Institutionen des Katastrophenschutzes investieren. 
Die Coronakrise zeigt uns nicht nur, welche Jobs wirklich systemrelevant sind, sondern legt auch einen anderen Sicherheitsbegriff nahe. Was die Menschen brauchen, ist eine umfassende, gute Daseinsvorsorge und ein soziales Netz, das auch in Krisen auffängt.

 

18. März: Die im Dunkeln sieht man nicht ... 

Die Maßnahmen der Behörden gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie werden härter und flächendeckender und sie treffen, wie so oft, besonder hart die Armen. Heute berichtet die WN, dass auch die Tafeln geschlossen werden. Zusammen mit den Hamsterkäufen vor allem von billigen, haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln, Reis und Mehl, bedeutet das, dass viele Menschen in Deutschland gegen Ende dieses Monats hungern werden. Zudem sind sie in ihrer kleinen Wohnung deutlich schlimmer von Langeweile und Frust betroffen als Menschen, die in einem Haus mit Garten leben können. 
Ich fordere, dass es sofort eine Einmalzahlung an alle Menschen gibt, die die Berechtigung haben, bei der Tafel einzukaufen. Das wäre zwar ein Tropfen auf den heißen Stein, aber zumindest ein Zeichen, dass die Politik vor lauter Rettungspaketen nicht die Ärmsten vergisst!

 

17. März: Videostatement Kathrin Vogler "Die  Folgen der Privatisierung des Gesundheitswesens und die Pandemie"

Ein Gesundheitswesen, das nach kapitalistischen Prinzipien organisiert ist, kann die Bedürfnisse der Menschen nicht erfüllen. Das merken wir besonders in der jetzigen Krise!

 

13. März: NRW schließt Schulen und Kindergärten

In NRW werden bis zu den Osterferien alle Schulen geschlossen. Noch gestern habe ich die Zögerlichkeit der Verantwortlichen kritisiert, aber heute hat die Landesregierung eine richtige Entscheidung getroffen. Jetzt, nach der Pflicht, kommt die Kür: Jetzt geht es darum, keine Familie, die für die Betreuung ihrer Kinder auf die Schulen oder Kindergärten angewiesen ist, im Regen stehen zu lassen. In vielen Fällen können die Großeltern nicht einspringen, weil sie zur Risikogruppe gehören und die Schulschließung dafür zu spät erfolgt.
Meine Vorschläge dafür: 
Ehrenamtliche Kinderbetreuung in Kleingruppen durch Eltern, die gerade nicht arbeiten oder durch ältere SchülerInnen, die sich gerade nicht auf Abitur oder Abschlussprüfung vorbereiten müssen. Dabei wäre es wichtig, dass die Kinder nicht dauernd die Gruppe wechseln, also dass es feste Kleingruppen aus der Nachbarschaft oder im Freundeskreis gibt. 
Übrigens ist es sehr entlastend, wenn man nicht nur das eigene Kind zuhause hat, sondern noch ein, zwei andere, weil die Kinder sich dann miteinander beschäftigen. 
Die Kommunen könnten Elterntauschbörsen einrichten, um diese gegenseitige Hilfe zu erleichtern. Und sie könnten für die Betreuung Räume zur Verfügung stellen, für diejenigen, die zuhause nicht genug Platz haben. 
Was politisch zu tun wäre, habe ich gestern schon erwähnt: wir brauchen eine Lohnersatzleistung, ähnlich dem Kinderkrankengeld, für Elternteile, die wegen einer Schul- oder Kitaschließung nicht zur Arbeit gehen können! Wir dürfen die Existenznöte, in die diese Entscheidung manche Familien bringt, nicht ignorieren. 
Und nicht vergessen: Die Schüler*innen, die ihren Schulabschluss in diesem Jahr machen wollen, brauchen auch im Homeoffice Unterstützung durch ihre Lehrer*innen. Sie müssen sich jetzt allein zuhause den Stoff aneignen und brauchen die Gelegenheit nachzufragen, wenn sie etwas noch nicht verstanden haben. 
Viele Eltern und Schüler*innen werden jetzt ganz konkrete Fragen und Probleme haben. Dafür brauchen sie eine Anlaufstelle, die ihnen Informationen und Beratung anbietet. Diese müssen jetzt ganz schnell geschaffen werden.

 

13. März: Pressemitteilung "Coronakrise: Wahlkreis- und Bürgerbüro gehen ins Homeoffice"

Weil ich finde, dass jetzt alle Verantwortung übernehmen müssen, habe ich eine schwere Entscheidung getroffen und dazu diese Pressemitteilung abgegeben: 

Coronakrise: Wahlkreis- und Bürgerbüro gehen ins Homeoffice

Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (DIE LINKE.) schließt ab kommenden Montag, den 16. März, ihr Wahlkreisbüro in Emsdetten und ihr Bürgerbüro in Hamm für den Publikumsverkehr. 

Die Mitarbeiter werden jedoch weiter telefonisch und per Mail erreichbar sein. Sprechstunden mit der Abgeordneten können weiterhin vereinbart werden. 

Sie erreichen uns unter kathrin.vogler.wk@bundestag.de oder mobil unter 015255940874

Vogler dazu: "Mit dieser Maßnahme will ich nicht nur meine Mitarbeiter schützen, sondern auch ein Zeichen nach außen setzen. Das wirksamste Mittel, um das Pandemiegeschehen zu verlangsamen, ist die Verringerung von Sozialkontakten. Wenn alle Mitarbeiter, bei denen das möglich ist, im Homeoffice arbeiten, verringern sie damit auch das Ansteckungsrisiko für diejenigen, bei denen das nicht möglich ist. Die Absage von Großveranstaltungen allein ist nicht ausreichend, um vor allem die besonders gefährdeten Menschen zu schützen. Ich fordere alle Arbeitgeber auf, so großzügig wie möglich Heimarbeit zu genehmigen und damit einen konkreten Beitrag zur Rettung von Menschenleben zu leisten." 
Der Bundestag hat bereits alle Veranstaltungen und Besuchergruppen in seinen Räumen bis auf weiteres abgesagt. Dabei gehe es, so Vogler, auch um die Arbeitsfähigkeit des Parlaments, das gerade angesichts der Pandemiekrise handlungsfähig bleiben muss. 
Vogler weiter: "Wir müssen dringend Entscheidungen treffen, die das Gesundheitswesen stärken und die finanziellen Folgen für Betroffene, Familien und Betriebe mildern helfen. Die Coronakrise fordert unsere Gesellschaft zu neuer Solidarität und Zusammenhalt heraus. Nur wenn wir schnell, entschlossen und solidarisch handeln, werden wir diese großen Aufgaben, vor denen wir jetzt stehen, bewältigen können."

 

12. März 2020: Pneumokokken-Impfung gegen das Coronavirus?

Liebe Ärztinnen und Ärzte, bitte achtet auf eure Kommunikation. Mir wollte heute zweimal eine Dame herzhaft die Hand schütteln, weil sie der festen Überzeugung war, durch eine Pneumokokken-Impfung gegen das Coronavirus geschützt zu sein und sich daher nicht an die Hygieneregeln halten zu müssen. Das habe ihr ihre Ärztin so erklärt. Hat sie wahrscheinlich nicht, aber wie in der Politik hören ja viele auch in der Praxis nur das, was sie hören wollen. 
Gerade für uns Politiker*innen ist es eine Herausforderung, keine Hände zu schütteln, ohne dabei arrogant oder unhöflich zu wirken. Vielen reicht es eben nicht, wenn wir freundlich lächeln ...

 

12. März 2020 : "Ich will, dass Ihr Panik bekommt!" (Greta Thunberg)

Die schlechte Nachricht des Tages: Die Kultusministerkonferenz konnte sich nicht auf eine flächendeckende Schließung der Schulen verständigen. 
Dabei wäre das in der derzeitigen Lage ein sinnvoller Beitrag zur Verlangsamung des Pandemieverlaufs. Vermutlich spielen zwei Beweggründe die entscheidende Rolle dabei: Kurzfristige ökonomische Erwägungen und Angst vor Panik in der Bevölkerung. 
Es gibt für Eltern, die wegen Schulschließungen nicht arbeiten gehen können, keine Lohnersatzleistungen. Das wäre allerdings schnell mit einem (gerne auch befristeten) Gesetz zu ändern gewesen. Und der Schaden, auch der wirtschaftliche, wird umso größer, je länger jetzt zugewartet wird. Denn wenn die lieben Kleinen das Virus, das sie vom Schulfreund mitbringen, beim Kuscheln an Oma und Opa weiterreichen, die gesamte Familie in Quarantäne und einige hinterher ins Krankenhaus müssen, dann fallen sie erst recht im Betrieb aus. Dann aber zahlt (bei Quarantäne) das Gesundheitsamt oder (bei Krankheit) der Arbeitgeber bzw. die Krankenkasse den Lohnausfall. 
In vielen Betrieben herrscht bereits jetzt Auftragsflaute. Was spräche also dagegen, wenn der Disponent in Kurzarbeit neben seinen eigenen noch zwei oder drei Kinder von Ärzt*innen oder Pflegekräften, Müllwerkern und anderen unverzichtbaren Menschen betreute? 
Je weniger Kontaktpersonen, umso besser für die Unterbrechung der Infektionsketten. 
Und zum zweiten Motiv: Ganz ehrlich, ein bisschen rationale Panik wäre jetzt ein guter Ratgeber. Die Erkenntnisse aus dem Verlauf der Pandemie in China und Italien lassen den Schluss zu, dass ein zentraler Faktor für die Sterblichkeit die Frage ist, wie viele Menschen gleichzeitig an dem Coronavirus erkranken.

Wegen der exponentiellen Verbreitung (lest den Artikel von Telepolis!) ist das wirksamste Mittel der Prävention die Verringerung von Sozialkontakten. Eine totale Sicherheit gibt es nicht und früher oder später werden sich viele, viele anstecken. In Italien bricht gerade das Gesundheitssystem zusammen, weil es den Anfall so großer Patientenmengen in kürzester Zeit nicht bewältigen kann.

Dass es in Deutschland, angesichts der politisch gewollten Ausdünnung der Krankenhauslandschaft und angesichts des eklatanten Mangels an medizinischem und nichtmedizinischem Personal sehr viel anders aussehen wird, ist unwahrscheinlich. 
Jetzt müsste die Politik schnell und durchgreifend handeln, wenn wir nicht in zehn, zwölf Tagen eine Lage wie in Italien haben wollen. 
SIe überlässt es aber den einzelnen Kommunen und den ebenfalls extrem ausgedünnten öffentlichen Gesundheitsdiensten. Ich halte das für verantwortungslos. An dieser Stelle mal ein fettes Lob für das Gesundheitsamt des Kreises Steinfurt, das sechs weiterführende Schulen wegen eines Coronafalls in Kombination mit einer Oberstufenparty geschlossen hat! Da scheinen Leute zu sitzen, die ihren Job verstehen. 
Liebe Leute: Bleibt zuhause, wann immer es geht. Und lasst eure Kinder nicht zu Partys gehen. Lieber jetzt ein bisschen Streit als später Quarantäne!

 

11. März 2020 - Breaking News:

Die US-Regierung bricht Großmanöver in Norwegen wegen Coronavirus ab. Wann folgt DEFENDER 2020?

 

11. März 2020 - Die Situation im Bundestag

Die Coronakrise geht auch am Bundestag nicht vorbei. Immerhin sind wir hier eine Veranstaltung mit 709 Abgeordneten und ein paar Tausend Menschen, die außerdem noch ein und aus gehen und zudem zwischen den Sitzungswochen auch noch kreuz und quer durch Deutschland und die halbe Welt reisen. In den Arbeitsgremien und im Plenum sitzen wir alle ziemlich nah beieinander. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis das Virus auch bei uns auftaucht. Nun ist der erste Abgeordnete positiv getestet worden, die Zeitung mit den großen Buchstaben veröffentlicht sogar seinen Namen, was mich sehr wütend macht.
Ich habe mich diese Woche ziemlich intensiv mit dem Virus beschäftigt, auch, weil ich mich in der Abgeordnetengemeinschaft der Linken als Vorstandsmitglied für den Arbeits- und Gesundheitsschutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich fühle. 
Am Freitag werden wir mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Infektionsschutz beraten. 
Der Bundestag hat inzwischen einige Maßnahmen ergriffen, um diese "Vektormaschine" (Vektoren = Übertragungsfaktoren) zumindest zu entschleunigen. Dazu gehört, dass die Kuppel gesperrt ist und alle Dienstreisen, Veranstaltungen und Besuchergruppen abgesagt wurden. Auch meine Partei hat inzwischen größere Versammlungen abgesagt, Das ist vernünftig und vorausschauend. Internationale Konferenzen finden nicht mehr statt. 
Bei Veranstaltungen, wo ich als Rednerin oder Referentin zugesagt habe, muss ich mit den Veranstaltern klären, wie sie das Risiko einschätzen. 
Die Kernbotschaft ist: Verantwortung übernehmen, nicht nur für sich selbst! Regelmäßiges Händewaschen, der Verzicht auf Händeschütteln und Körperkontakte, Vermeiden nicht wirklich nötiger Reisen und vor allem NICHT arbeiten oder zu irgendwelchen Treffen gehen, wenn man krank ist - das schützt vor allem besonders gefährdete Personen, die aus wichtigen Gründen nicht zuhause bleiben können. 

Wir müssen uns wohl darauf einstellen, dass viele von uns erkranken werden und dass noch mehr von uns in häusliche Quarantäne kommen werden. Auch wenn viel über das "Hamstern" gelästert wird: Ein paar Vorräte zuhause sind schon nicht schlecht, aber noch wichtiger ist es jetzt, seine sozialen Netze (nein, nicht Facebook, sondern im real life!) zu stärken und miteinander solidarisch zu sein. Vereinbart mit Freund*innen, Kolleg*innen, Nachbar*innen, wie ihr euch gegenseitig im Fall der Fälle unterstützen könnt. Seid freundlich und hilfsbereit, auch zu den Menschen, die im Supermarkt die Regale zu füllen versuchen, weil sie schon wieder leer gekauft sind. Lasst euch nicht verrückt machen - Stress ist ganz schlecht fürs Immunsystem.  
Seid nicht sauer auf die Kolleg*innen, die sich wegen einer Erkältung krank melden. Vielleicht bewahren sie euch damit vor einer Übertragung. 
Dass man sich jetzt ohne Praxisbesuch für eine Woche krankschreiben lassen kann, ist super. Nutzt das, wenn es nötig ist! Es ist besser, ihr bleibt für eine Woche zuhause, als wenn der ganze Betrieb, die ganze Kita oder Schule in Quarantäne muss. 
Und die Bundesregierung? Von der erwarte ich jetzt eigentlich mehr als sie liefert. Es ist gut, Volksfeste, Kulturveranstaltungen und Sportereignisse absagen zu lassen. Aber wir dürfen die Schaustellerfamilien, Künstler*innen und die kleineren Clubs nicht finanziell im Regen stehen lassen. Sie brauchen schnelle und unbürokratische Hilfen, um die fehlenden Einnahmen auszugleichen. Kurzarbeitergeld ist wichtig für die abhängig Beschäftigten, aber die kleinen Selbstständigen brauchen etwas Ähnliches!  
Unser Gesundheitswesen ist auf Kante genäht. Schon jetzt gehen die Beschäftigten in den Krankenhäusern auf dem Zahnfleisch. 200.000 Pflegekräfte haben in den letzten Jahren den Beruf verlassen. Wir brauchen sie jetzt dringend und dafür muss die Bundesregierung deutlich mehr Geld in die Hand nehmen, als bisher geplant. 
Politik in Zeiten der Pandemie muss die öffentlichen Gesundheitsdienste stärken, die Kliniken ordentlich finanzieren und den Menschen so viel von ihrer Angst nehmen. 
Politik in Zeiten der Pandemie muss sich auf das Wesentliche konzentrieren und Verantwortung übernehmen.