Patientenwohl scheint für Bundesregierung weniger wichtig zu sein als Interessen von Pharmaunternehmen

Kathrin Vogler hat in den letzten Wochen eine Kleine Anfrage zum Blutskandal vor 30 Jahren und eine weitere zu einem aktuellen Medikamentenskandal an die Bundesregierung gerichtet. In beiden Fällen geht die Antwort der Bundesregierung in die gleiche Richtung: Das Patientenwohl, eine wirkliche Aufklärung sowie eine schnelle und unbürokratische Entschädigung haben bei der Bundesregierung keine Priorität, vorrangig sind für die Bundesregierung die Interessen der Pharmaunternehmen.

a) Finanzielle Sicherung der Stiftung für HIV-infizierte Bluter bleibt weiter ungewiss

b) Keine Untersuchungen zu Embryonen-schädigendem Medikament Valproat und kein Entschädigungsfonds geplant 

Zu a) Blutskandal-Geschädigte bleiben im Ungewissen

Kathrin Vogler hält es für unerträglich, dass Bundesregierung und Pharmakonzerne auch mehr als 30 Jahre nach dem Skandal um verseuchte Blutprodukte nicht bereit sind, die Betroffenen dauerhaft zu entschädigen. Die zugesagten 2 Millionen Euro aus Steuermitteln und weitere 2 Millionen von der Industrie reichen hinten und vorne nicht aus und verschaffen den leidenden Betroffenen keine Sicherheit.

Die Bundesregierung hatte zusammen mit der Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen eine Studie in Auftrag gegeben, die deutliche Zahlen lieferte: Mehr als 10 Millionen Euro jedes Jahr werden benötigt – oder besser noch 190-250 Mio. Euro als einmaligen Zuschuss an die Stiftung, um auf diesem Wege lebenslange Sicherheit für alle Betroffenen zu schaffen.

Die Verursacher des Blutskandals, die damals fahrlässig oder aus Profitgier mit HIV verseuchte Blutprodukte in Umlauf brachten, sollten verpflichtet werden, auf diese Weise nicht nur den Fortbestand der Stiftung zu sichern, sondern für die Entschädigungsleistungen nach über 20 Jahren endlich auch einen Inflationsausgleich zu schaffen.

Auf eine Kleine Anfrage der LINKEN zum Thema „Sicherung der Mittel für die Stiftung für HIV-infizierte Bluter“ (Bundestagsdrucksache 18/11121) gab die Bundesregierung in ihrer Antwort zu, dass es bislang neben den im Bundeshaushalt 2017 bereitgestellten 2 Mio. Euro aus Steuermitteln lediglich eine Zusage über weitere 2 Mio. Euro für 2018 von der Pharmaindustrie vorliegt. Auf eine weitere Kleine Anfrage der LINKEN von September 2016 (siehe Bundestagsdrucksache 18/9776) hatte die Bundesregierung betont, dass ein Inflationsausgleich nicht vorgesehen sei.

Zu b) Embryonen-schädigendes Medikament hunderttausendfach verschrieben

Dass Valproinsäure-haltige Medikamente Embryonen sehr schwer schädigen können oder auch Totgeburten hervorrufen, ist schon länger bekannt. Dennoch erhalten weiterhin viele Schwangere Valproin trotz Behandlungsalternativen verordnet. In Frankreich gab es Untersuchungen, um die Zahl an Fehl- und Totgeburten festzustellen und die Frauen bzw. deren Kinder zu entschädigen. Zudem wurde dort ein Entschädigungsfonds eingerichet.

Auch in Deutschland wird das gefährliche Medikament eine viertel Million Mal für Frauen im gebärfähigen Alter verschrieben. Doch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Kathrin Vogler und der Linksfaktion versucht die Bundesregierung, das Ausmaß dieses Skandals klein zu reden.

Kathrin Vogler beklagt, dass es – anders als in Frankreich – in Deutschland keine eigenen Untersuchungen gibt, wie viele Kinder in Deutschland geschädigt wurden: „Auch wenn der Fall hierzulande etwas anders liegt als in Frankreich, tut Aufklärung trotzdem oder gerade deshalb dringend not. Ich fordere die Bundesregierung auf, umfassend das Ausmaß der Schädigungen zu untersuchen und zu überprüfen, ob die Behörden genug getan haben, Fehl- und Totgeburten durch Valproat zu verhindern.“

Zudem darf es nicht sein, dass die Bundesregierung auf Fragen zu möglichen Entschädigungsleistungen den Betroffenen nicht helfen will, sondern stattdessen lediglich darauf verweist, dass die Frage der Geltendmachung von Ansprüchen eine Frage des Einzelfalls sei, die ggf. gerichtlich geklärt werden müsse. Es gäbe durchaus Möglichkeiten für die Bundesregierung, schnellere und unbürokratischere Hilfe anzubieten. Doch das ist von Seiten des Bundesgesundheitsministeriums nicht gewollt.