Warum ich JA zur Verlängerung der Griechenland-Kredite sage und warum das kein JA zur EU von Schäuble und Merkel ist

Kathrin Vogler

Ich setze mich dafür ein, dass meine Fraktion am Freitag in der Abstimmung über die Griechenland-Kredite das Verhandlungsergebnis von Alexis Tsipras und Janis Varoufakis durch eine Zustimmung unterstützt. Dabei geht es nicht darum, die bisherige Politik der Bundesregierung gegenüber den Euro-Krisenstaaten nachträglich zu legitimieren, sondern einen Einstieg in den Ausstieg aus der verhängnisvollen Spirale der Austeritätspolitik zu ermöglichen.

Die griechische Regierung hat gegenüber den EU-Institutionen hart verhandelt, obwohl ihre Position ausgesprochen schwierig war. In ihrem Maßnahmenpaket hat sie klare Prioritäten gesetzt, um die humanitäre Lage in Griechenland zu verbessern. Weitere Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst, weitere Lohn- und Rentenkürzungen und eine weitere Zerschlagung des Gesundheitswesens soll es nicht geben.

Stattdessen setzt diese Regierung auf eine Erhöhung der Einnahmen durch die konsequente Besteuerung von Reichen und Superreichen, den Aufbau einer wirksamen Steuerverwaltung und die Bekämpfung der endemischen Korruption. Das wird nicht einfach durchzusetzen sein, ist aber der einzig richtige Weg, um die soziale Lage von Millionen Griechinnen und Griechen erträglicher zu gestalten, zum Beispiel durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und die Stärkung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.

Die Syriza-Regierung in Griechenland ist noch nicht einmal einen Monat im Amt und sieht sich massivem Druck von innen und außen ausgesetzt.

Der zunehmende Widerstand aus den Unionsparteien und die schmutzige Kampagne der BILD-Zeitung gegen die "gierigen" Griechen zeigen, dass Teile der herrschenden Kräfte in Deutschland nicht gewillt sind, ihr zumindest die jeder anderen Regierung zugestandenen 100 Tage Schonfrist zu lassen.

Es geht jetzt um nicht mehr, aber auch nicht um weniger als darum, ob wir als LINKE ein Zeichen der Solidarität und Unterstützung für die griechischen GenossInnen senden, oder ob wir uns aus eher innenpolitischen Erwägungen aus dieser Solidarität stehlen.

Sicher ist die Motivation derjenigen, die für ein Nein oder eine Enthaltung werben, genauso aufrichtig wie meine, aus der heraus ich für ein Ja argumentiere. Aber Politik darf nicht nur die eigene Gefühlslage bedienen, sondern sie muss auch die Außenwirkung des eigenen Handelns berücksichtigen. Eine LINKE, die in enger Partnerschaft mit Syriza für einen grundlegenden Wandel der EU-Politik gestritten hat, und dann das Verhandlungsergebnis dieser Partner nicht unterstützt, würde ein falsches Signal in die Öffentlichkeit senden, insbesondere auch in Griechenland selbst. Wir würden signalisieren, dass wir mit dem Verhandlungsergebnis, das Tsipras und Varoufakis erzielt haben, unzufrieden seien und damit dem Widerstand gegen die Austeritätspolitik nicht nur in Griechenland schweren Schaden zufügen. Auch deswegen haben unsere griechischen GenossInnen ausdrücklich um unsere Zustimmung gebeten.

Ein Ja der LINKEN zur Verlängerung der Griechenland-Kredite jetzt kann nicht als Ja zu Schäubles Diktatpolitik gedeutet werden. Das werden wir in einem eigenen Entschließungsantrag zur Debatte deutlich machen. Konkret geht es um eine Atempause von vier Monaten. Es wäre ein Ja zum ersten Fenster, das die Verhandlungsführer der griechischen Regierung aufgestoßen haben. Im Verlauf der Verhandlungen haben sich immer mehr Stimmen in den anderen EU-Staaten mit Zweifeln an der Austeritätspolitik zu Wort gemeldet. Das Ende der Troika in ihrer bisherigen Form ist ebenfalls ein Zeichen für die Öffnung dieses Fensters. Lassen wir nicht zu, dass sich dieses Fenster der Gelegenheit wieder schließt und nutzen wir die kommenden vier Monate, um auch in unserem Land mehr Menschen davon zu überzeugen, dass die Austeritätspolitik keine Krisenlösung ist, sondern ein Angriff auf die Lebensbedingungen von Millionen Menschen.